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Beitrag vom 26.09.2008
Rosenstolz – Die Suche geht weiter
Silvy Pommerenke
Liebe ist immer noch alles, und die beiden MusikerInnen suchen fleißig danach bzw. dürfte die Suche nach Liebe wohl der Motor für die meisten Menschen dieses Planeten sein.
Dies ist wohl auch der Grund für die unglaubliche Popularität von Rosenstolz in unserer Republik, denn ihre Texte zeichnen sich nicht etwa durch elaborierten Wortschatz oder angestrengt komplexe Gedanken aus, sondern sie sind in ihrer Einfachheit und Schlichtheit extrem berührend und wecken große, bisweilen kitschige Gefühle beim Publikum.
Einer der prominentesten Anhänger der beiden BerlinerInnen ist wohl Klaus Wowereit, seines Zeichens regierender Bürgermeister Berlins, der in der Ausgabe 39 von "Der Stern" eine Lobeshymne auf diese in seinen Augen unangepasste Band verfasste. Nun, so richtig unangepasst sind sie von ihrem musikalischen Konzept im strengen Sinne nicht, denn dieses wartet mit eingängigen Melodien, Refrains zum Mitsingen und einfachen aber prägnanten Botschaften auf. Es ist wohl mehr die Besonderheit, dass ein schwuler Musiker – Peter Plate - und seine `beste Hetero-Freundin´ – AnNa R. – ein etwas ungleiches Paar abgeben, das aber genau von dieser Gegensätzlichkeit lebt und sich künstlerisch befruchtet. Außerdem sind die beiden gar nicht so unpolitisch, wie ihre Texte oftmals suggerieren, denn sie geben immer wieder bei ihren Konzerten eine große "Sammelbüchse" herum, um für die Aids-Hilfe zu sammeln. Außerdem dürfte diese Kombination aus Homo & Hetero ein Wegweiser für die Zukunft sein. Dass es geht – und gut sogar!
Angefangen haben die beiden 1991, wo sie kaum fünfzig Leute vor die Bühne bekamen, aber glücklicherweise haben sie sich durch diese schwierigen Anfangszeiten nicht abhalten lassen, weiterzumachen. Mittlerweile gehört zu ihren Konzerten das Markenzeichen "Ausverkauft" unabdingbar dazu, und sie rocken Hallen mit mehr als zehntausend Menschen. Ihren kommerziellen Durchbruch hatten sie vor neun Jahren mit dem Album "Zucker", das in die Top-Ten der deutschen Charts vorpreschte. Seitdem ist jedes ihrer Alben ein Topseller und die Zeit, in denen Rosenstolz explizit von der schwul-lesbischen Szene gehört wurde, ist längst vorbei. Sie sprechen mit ihren Herzensbotschaften scheinbar jede Altersgruppe jeglicher sexuellen Orientierung und jeder Bildungsstufe an. Und das ist gut so!
Das neue Album "Die Suche geht weiter" vereint ein Dutzend wunderschöner Songs, die einen überwiegend traurig-melancholisch Tenor haben. Lieder wie "Herz schlägt auch im Eis", "Wann kommst du" oder "Die Suche geht weiter" sind von einem gewissen Pessimismus durchdrungen, der dennoch nicht in eine Untergangsstimmung umschlägt. Manchmal ist es einfach schwer, weiterzugehen, weiterzusuchen, aber wie heißt es so schön: kein Licht ohne Schatten. Ein besonders ergreifender Song ist – wobei hier eine Kategorisierung fast unmöglich scheint, sind doch alle Tracks traumhaft schön geraten - "An einem Morgen im April", auf dem der Tod von Peter Plates "Schwiegermutter" verarbeitet wird. Das Album ist gespickt mit den Themen Abschied, Trauer, Verlassen werden aber eben auch Neuanfang und Weitergehen. So vielfältig, wie das Leben eben ist.
Rosenstolz im Netz: www.rosenstolz.de und auf MySpace
Weiterhören: Mia. und Ich und Ich
AVIVA-Tipp: Es gibt auf diesem Album keinen Ausreißer oder Ausrutscher, alles ist in einem Guss, und der bedeutet im Falle von Rosenstolz Herzschmerz auf traumhaft musikalische Art. Zum Mitleiden, Nachdenken und Weitersuchen. Schön!
Rosenstolz
Die Suche geht weiter
Label: Island / Universal, VÖ September 2008
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin
CD-Review zu "Herz"
CD-Review zu "Macht Liebe"
Single-Review zu "Willkommen"
DVD-Review zu "Willkommen in unserer Welt"
CD-Review zu "Live aus Berlin"
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